Leserbrief #2 zum NDG: Wer überwacht die Überwacher

Am 25. September stimmen wir über das neue Nachrichtendienstgesetz ab. Darin wünscht sich unser Geheimdienst mehr Kompetenzen und Möglichkeiten zur präventiven Überwachung. Wohl mit neidvollem Blick auf die Enthüllungen über die „Partnerdienste“ GCHQ in Grossbritannien und NSA in den USA. Das neue Gesetz erlaubt: Telefonüberwachung, Wanzen und Kamerainstallation in Privaträumen, Leute mit Drohnen observieren, Sicherheitslücken von Computer mit Schadsoftware (Trojaner) ausnutzen anstatt diese zu schliessen, das gesamte Internet nach Stichwörtern durchsuchen und vieles mehr.

Dies alleine, inklusive Sinn und Zweckmässigkeit, gilt es bereits kritisch zu Hinterfragen. Doch wer ist von diesem Freipass für den Geheimdienst überhaupt betroffen?

20160922-wb-leserbrief-wer-uberwacht-die-uberwacher

Nicht nur Terroristen, sondern alle! Ohne Ausnahme! Es braucht nicht einmal einen Tatverdacht. Ist eine Person bereits verdächtig, ist die Polizei und die Staatsanwaltschaft zuständig und nicht der Geheimdienst. Das neue Gesetz kennt auch keine Berufsgeheimnisse und somit fallen beim Abhören des Funkverkehrs oder des Internets auch die Daten von Ärzten, Geistlichen, Anwälten, usw. an.

Wer von dieser Überwachung betroffen ist, erfährt nichts davon und hat auch keine Möglichkeit, die Unrechtmässigkeit vor einem Gericht einzuklagen oder falsche Daten korrigieren zu lassen. Der Geheimdienst darf diese persönlichen Daten, ohne Rücksprache, auch an ausländische „Partnerdienste“ (Geheimdienste) weiterverkaufen.

Diese ganzen Überwachungen müssen aber von einem Richter des Bundesverwaltungsgerichts in St. Gallen bewilligt werden. Da es aber keinen Verdacht für die Überwachung braucht und der Richter nur Angaben des Geheimdienstes erhält, hat er es schwer, solche Anträge abzulehnen. Das gilt für alle Instanzen. Und hat es der Geheimdienst eilig, kann er die Bewilligungen einfach erst im Nachhinein einholen.

Nein zum Freipass! Nein zum Nachrichtendienstgesetz!

Leserbrief zum NDG: Wenn nur ein Anschlag verhindert werden könnte?

Mit einer ähnlichen Überschrift titelte der WB, schon fast als Tatsache, am Montag zur Debatte um das Nachrichtendienstgesetz. In der jetzigen Abstimmung geht es also darum, die eigenen Freiheiten aufzugeben um zumindest einen, möglichen Terroranschlag zu verhindern?20160910-wb-leserbrief-wenn-nur-ein-anschlag-verhindert-werden-konnte

Mit einer ähnlichen Argumentation haben Frankreich und Belgien vor und nach den verachtenswerten Anschlägen reagiert und die Bürgerrechte durch Notstandsgesetze ersetzt sowie den Nachrichtendienst und die Polizeiorgane mit „weitreichenden Kompetenzen“ ausgestattet. Ohne Erfolg!

Wir sollen am 25. September dem Schweizerischen Nachrichtendienst, deren Mitarbeiter 2010 ihre eigenen Daten geklaut oder im Fall des Weinhändlers „Giroud“ Journalisten bespitzelt und gehackt haben, auch solche „Kompetenzen“ ermöglichen? Nein!

Es scheint jeweils die einzige politische Lösung zu sein, auf punktuellen Terror mit mehr staatlicher Überwachung zu reagieren. Auf Kosten unschuldiger „Kollateralschäden“ und auf Kosten der erkämpften Freiheiten.

Doch sind es nicht genau diese Freiheiten, die unsere demokratische Gesellschaft definieren? Ein unangepasstes, freies Zusammenleben ohne Diktat und Denkvorschriften? Diese Freiheiten, die den Terroristen ein Dorn im Auge und damit Ziel ihrer Angriffe sind?

Diese Freiheiten wollen wir jetzt leichtgläubig aufgeben mit dem verständlichen Wunsch nach vermeintlicher Sicherheit? Nein! Der Schaden wäre zu gross!

Nein zum Nachrichtendienstgesetz- Ja zur Freiheit!

Wieso NEIN zum neue Nachrichtengesetz (NDG)?

MindmapStatt den Nachrichtendiensten nach den Enthüllungen von Edward Snowden mal so richtig auf die Finger zu klopfen, möchte man hierzulande gerne das Gegenteil: Auch solch schöne Überwachungsspielzeuge! Natürlich im “Kampf gegen Terrorismus ®” und nur in gaaanz bestimmten Einzelfällen…

Dass Frankreich und Belgien mit ihren Nachrichtendiensten bereits vor den Anschlägen über weitreichende Kompetenzen verfügten, die (auch jetzt mit den Notstandsgesetzten) keine dieser grausamen Anschläge verhindern konnten, wird ignoriert.

Dass die Schweiz bis in die 90er faste eine Million BürgerInnen mit den damaligen Nachrichtendienst (dort hiess er noch „Staatsschutz“) fischierte, wird ignoriert. Auch die Konsequenzen werden ignoriert.

Dass der Schweizer Nachrichtendienst (NDB) 2010 durch einen Mitarbeiter beklaut wurde (Datenklau) und ein anderer Mitarbeiter desselben Dienstes einem ominösen Weinbauer bei der Einschüchterung eines Journalisten geholfen hat, wird ignoriert.

Dass davon auch Ärzte, Anwälte, Journalisten, ALLE betroffen sein können, wird ignoriert!

Aber was genau steht im neuen Nachrichtendienstgesetzt? Was möchte der Nachrichtendienst? Und wieso sind wir dagegen?

  1. Trojaner/Wanzen: Der Nachrichtendienst möchte gerne bei Zielpersonen Wanzen in Räumlichkeiten sowie Laptops (dort heissen sie Trojaner) installieren. Letzteres muss wohl auf dubiosen Wegen eingekauft und mit noch-dubioseren Wegen auf die Computer installiert werden. Damit fördert man Sicherheitslücken – statt diese zu schliessen und etwas gegen „Cyberattacken“ zu unternehmen!
  2. Kabelaufklärung: Daten, die die Schweiz verlassen, sollen nach Stichwörtern durchsucht werden können. Fast alle Daten (Von gmx bis zu 1815.ch) verlassen die Schweiz und somit ist es de facto eine Internetüberwachung von allem. Zudem erhöht uns dies die Rechnung vom Internet-Abo, da die Anbieter wohl die Kosten der Hardware zur Überwachung tragen müssen.
  3. Bewilligungspflicht: Bis zu 3 Instanzen (inkl. Bundesrat) muss ein Antrag durchwandern. Ausser natürlich, wenn es Dringlich (Art. 30) ist, dann darf dies im Nachhinein geschehen. Die Kontrolle hierzu ist geheim und falls dagegen verstossen wird, wird die betreffende Person(en) nicht informiert. Fast eine „card blanche“!
  4. Maulkorb (Art. 59-75): Es gibt kein Einsichtsrecht, keine Rechtsmittel, alles ist Geheim und auch kein Zivil- oder Strafgericht darf den Nachrichtendienst bei Verstössen anklagen! „Kontrolliert“ wird das Ganze nur im Geheimen!
  5. Natürlich Zugriff auf alles, was im Büpf stehen wird…
  6. Einsatz von V-Leuten: Dass dies keine gute Idee ist, sehen wir am NSU-Prozess in Deutschland.
  7. Zusammenarbeit mit anderen „Organisationen“ (Art. 10 Abs2): D.h. statt dem NSA mal auf die Finger zu klopfen möchte man gerne auch als „Global-Player“ auftreten und beim weltweiten Daten-Tauschhandel mitmachen.
  8. Dauer? Wie lange diese Daten gespeichert werden, davon ist nicht die Rede. 50 Jahre? 100 Jahre?

Statt also eine offensive Geheimpolizei zu gründen, die präventiv BürgerInnen überwacht, sollte man sich auf die demokratischen Freiheitswerte berufen und nicht wegen ein paar fanatischen Idioten die Freiheit und Privatsphäre über Bord werfen! Nein zum NDG!

Mehr Infos: